Boxer Braids: Diebstahl An Der Afrikanischen Kultur?

Wenn ich über Frankfurts Shoppingstraße schlendere, muss ich immer ein bisschen über die Damen schmunzeln, die mir entgegenkommen. Viele hübsche Girls, keine Frage, aber alle sehen gleich aus: Bomberjacke, Nikes und “Boxer Braids”. Dagegen will ich gar nichts sagen, das ist ein toller Look. Es stört mich nur etwas, dass momentan jeder der Klon der nächsten ist. Ich möchte gar nicht mit dem Sätzen wie “Wo bleibt die Individualität?” um mich schießen, denn seien wir mal ehrlich: so individuell wie wir alle denken sind wird nicht. Aber das ist ein anderes Thema. Was mich viel mehr stört, als die Tatsache, dass alle gleich aussehen, ist, dass die Mainstream Media Outlets so tun, als wären “Boxer Braids” ein neuer Trend. “Dieser Frisurentrend haut uns um!” “So flechtest du die Trendfrisur der Stars!” So und so ähnlich lauten die Headlines vieler Magazine und Onlineseiten. Sie beschreiben, wie Kim Kardashian und ihre Schwestern den Trend ins Leben gerufen haben und er sich jetzt wie ein Lauffeuer verbreitet. “Was ist so schlimm daran?”, könnte man jetzt zurecht fragen. “Schlimm” ist es nicht. Aber falsch.

Viele unter euch wissen es wahrscheinlich nicht (woher auch), aber “Boxer Braids” heißen eigentlich Cornrows und sind kein neuer Trend, den die Kardashians/Jenners erschaffen haben, sonder eine Jahrtausend alte Frisur aus Afrika. So wie viele andere kulturelle Einflüsse, breitete sich die Frisur in der Zeit der Sklaverei durch die afrikanischen Sklaven auch in den Vereinigten Staaten aus, und hat bis heute einen hohen traditionellen Wert bei schwarzen Menschen auf der ganzen Welt. Und bis vor einigen Jahren eben nur bei Schwarzen. Ich weiß noch genau, wie ich als Kind wegen eben dieser “Kardashian Frisur” gehänselt wurde, und so ging es mit Sicherheit auch unzähligen anderen schwarzen Frauen.

“Braids are not new. Black women have been wearing braids for a very long time. Another problem is it became new and fresh and fun, because it was on someone else other than a black woman. You know what I mean? So that is the frustration.” -Zendaya

So könnt ihr sicherlich verstehen, dass es für viele Menschen der schwarzen Community, vor allem in den USA, aber auch hier, ein kleines bisschen nervenaufreibend ist, dass diese traditionelle Frisur, wegen welcher wir geärgert und ausgelacht wurden, nun als “neuer Trend” bezeichnet wird, und die Anerkennung dafür nicht den eigentlich “Besitzern” gilt, sondern Damen wie den Kardashians. Ich möchte an dieser Stelle klarstellen, dass es nicht darum geht, dass jetzt nicht mehr ausschließlich Schwarze diese Frisur tragen. Das ist nicht das Problem, ganz im Gegenteil; es ist ein toller Look, und jeder der möchte sollte ihn rocken! Das Problem ist vielmehr, dass es als neuer Trend vermarktet, und irgendwelchen Celebrities angerechnet wird. Und es ist nicht das erste Mal, das so etwas passiert. Auch in der Mode gibt es viele Teile, die schon seit Jahren von Schwarzen getragen, damals aber von den Mainstream Trendmachern belächelt wurden. Dann fingen eben diese Mainstream Trendmacher an, die Styles aufzunehmen, und auf einmal werden sie in und modern. Was nicht schlimm wäre, wenn denn anerkannt werden würde, dass der “Trend” kein neuer ist.

“Wegen dieser einen Frisur muss man doch jetzt nicht so einen Wirbel machen, Wakila”, mögen viele von euch denken. Natürlich, wenn man es nur auf die Frisur bezieht mag es unter Umständen etwas übertrieben erscheinen, aber denkt man genauer darüber nach, und versucht etwas tiefer in die Materie von Cultural Appropriation zu tauchen, erkennt man wie viel wirklich dahinter steckt.

Also tragt die wunderschönen Braids, rockt den tollen Style, aber seid euch darüber im Klaren, dass er nicht erst seit einigen Monaten existiert, die Kardashians ihn nicht erfunden haben, und er für viele Menschen auf der Welt mehr ist als nur ein einfacher Trend.

 

(individual pictures via pinterest)
13 Discussions on
“Boxer Braids: Diebstahl An Der Afrikanischen Kultur?”
  • Diesen Beitrag habe ich mir schon direkt bei der Erscheinung durchgelesen, jedoch kam ich bisher noch nicht dazu meine Meinung kund zu tun: wirklich ganz, ganz toll!

    Habe mich ehrlich gesagt schon gefragt ob und wenn ja wann dieses Thema aufgegriffen wird – finde ich sehr schön, dass du eine der ersten bist, die sich dazu geäußert hat! 🙂

    Ganz liebe Grüße,
    Tina

  • Total interessanter Post. Ich hab letztens ein Buch gelesen (Americanah) und da wurde auch kurz über dieses Thema gesprochen. Ich finde man sollte wenigstens den Ursprung schon richtig deklarieren und das ganze nicht “kardashian braids” nennen – die haben nämlich 0 mit Cornrows zu tun 😀

    Love, kerstin
    http://www.missgetaway.com/

  • Wieder einmal top auf den Punkt gebracht und vor allem sehr differenziert erläutert. 🙂 Denke, dass man sich immer Inspiration von anderen Kulturen nehmen wird nur sollte man sich da immer bewusst sein, neugierig und offen leben, dann kann es nur besser werden.

    http://orryginal.com/

  • Ich finde es auch unglaublich witzige das momentan jedes 3. Mädchen so rumläuft. Genau wie du habe auch
    diese Frisur bereits als Kind getragen und nur weil eine Kim jetzt sowas trägst ist es im Trend .. Damals würde man noch für die Cornrows ausgelacht und vereinzelte waren unfassbar fasziniert davon
    heutzutage trägt es fast JEDE

  • Was ich in diesem Zusammenhang gan toll fände, wäre, wenn du deinen Diversity Month wieder ins Leben rufst… ich hab die posts damals voll verschlungen ^_^

  • Ich liebe, liebe, liebe deinen Post und stimme in jedem einzelnen Punkt zu! Mich freut es total, dass Conrows und Braids mittlerweile so beliebt sind, aber nicht indem er einfach als Teil unserer Kultur entrissen wird und als etwas “neu entdecktes” gepriesen wird. Du glaubst gar nicht wie wütend mich diese ganzen Magazine machen, die diese “Kardashian Frisur” anpreisen. Viele verstehen nicht, weshalb es so ärgerlich und verletzend ist und machen sich noch nicht einmal die Mühe es zu versuchen. Deshalb sind Beiträge wie deine besonders wichtig, I love! <3
    xx Ama

    PHUCKITFASHION

  • Natürlich hast du Recht, Cultural Appropriation ist vor allem in den USA ein sehr prominentes Thema (im Gegensatz zu DE, wo viele sicher nicht mal wissen, was das ist), nicht allein durch den Trend der Frisuren (man erinnere sich an ein Fotoshoot der Kardashian/Jenners mit Afro – oder verwechsele ich da grad was?) und der ganzen Twerking-Kultur, die hauptsächlich von Weißen zu Trends gemacht wurden. Ich glaube jedoch auch, dass viele kulturelle, ethnische und interlektuelle Subkulturen ein solches Ärgernis erfahren. Letztens war der Pali-Tuch-Trend in allen Zeitungen, zu Coachella 2015 rannten alle Models mit indianischem Kopfschmuck herum und auch mein Gothic-Look circa 2005 ist jetzt bei h&m zum Mainstream geworden (auch ich wurde wegen meinen pinken Haaren und Totenkopf-Prints in der Schule gehänselt). Natürlich mein ich das nicht als Verharmlosung – die Geschichte der Black Community ist von Unterdrückung und Versklavung geprägt – im Gegensatz zu vielen anderen ethnischen Subkulturen. Nur scheint das ein Nebenprodukt der Globalisierung zu sein. Alle Trends, alle subkulturellen Merkmale werden jetzt vermischt und zu einem globalen Trend gemacht. Und da die Modeindustrie vor allem von weißen dominiert ist, ist Cultural Appropriation natürlich ein Bestandteil davon.

    VG
    Charlotte

  • Ich halte es ja für ziemlich sinnfrei, sich über Trends und Celebrities aufzuregen. So funktioniert Mode nunmal: es wird sich am verschiedensten Kulturgut bedient, ohne auch nur ein Wort über die Herkunft zu verlieren. Nicht nur an der afrikanischen, und auch nicht zum ersten Mal. Hatte mir ein wenig informativeres erhofft

  • Wow, da habe ich noch nie drüber nachgedacht. Vielen Dank für den Artikel, es ist immer toll neue Dinge zu lernen. Ich habe bis jetzt auch gedacht dass Kim die Frisur ins Leben gerufen hat, einfach weil es überall so steht. Insofern danke für die Aufklärung. Und ich muss wirklich sagen: Bei euch schwarzen Frauen sieht die Frisur am besten aus!

    Lg!

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